Sardinien (sardischSardigna, italienischSardegna, katalanischSardenya) ist– nach Sizilien– die zweitgrößte Insel im Mittelmeer. Die Phönizier nannten sie auf der Stele von Nora Šrdn. Ein Fremdvolk, das ebenfalls als Šrdn (meist zu Scherden oder Schardana transkribiert) bezeichnet wurde, begegnet uns auf ägyptischen Texten des 14. bis 12. Jahrhunderts v.Chr., jedoch ist strittig, ob dieses aus Sardinien stammte. Die Euboier nannten die Insel „Ichnoussa“ und die Griechen „Sandalyon“, da ihre Form an einen Fußabdruck erinnert.
Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Sardinien (Begriffsklärung) aufgeführt.
Die Insel bildet mit den kleinen vorgelagerten Inseln die Autonome Region Sardinien. Die Region hat eine Fläche von 24.090km² und zählt 1.630.474 Einwohner (Stand 31.Dezember 2019).
Viele Sarden sprechen noch etwas Sardisch, eine Sprache, die zur Familie der romanischen Sprachen gehört. Im öffentlichen Leben dominiert jedoch heutzutage nur das Italienische; aufgrund der kulturellen und linguistischen Italianisierung der Sarden seit dem späten 18. Jahrhundert ist die sardische Sprache sehr gefährdet. Darüber hinaus wird in Alghero seit dem 14. Jahrhundert ein katalanischer Dialekt gesprochen, entlang der Nordküste halten sich korsische Dialekte und im Südwesten gibt es eine ligurische Sprachinsel.
Der größte Teil der sardischen Bevölkerung gehört der römisch-katholischen Kirche an.
Sardinien hatte 2019 mit 5,4 Lebendgeburten je 1000 Einwohner die niedrigste Geburtenrate in Italien.[1]
Geographie
Lage
Sardinien ist eine politisch zu Italien gehörende Insel im Mittelmeer. Sie liegt 190km von der Italienischen Halbinsel entfernt; dazwischen liegt das Tyrrhenische Meer. Im Norden liegt das zu Frankreich gehörende Korsika, nur durch die 12km breite Straße von Bonifacio (Bocche di Bonifacio) getrennt. Im Westen liegt die 335km entfernte, zu Spanien gehörende Baleareninsel Menorca. Im Süden liegt Tunesien 184km entfernt.
Die Nord-Süd-Ausdehnung Sardiniens beträgt ca. 270km, die Ost-West-Ausdehnung ca. 145km. Die Insel Sardinien hat eine Fläche von 23.833km² und ist damit nach Sizilien die zweitgrößte Insel Italiens und des Mittelmeers.[2]
Zu Sardinien zählen auch etliche vorgelagerte kleinere Inseln und Inselgruppen wie Sant’Antioco und San Pietro im Südwesten, Asinara im Nordwesten und La Maddalena im Nordosten.
Klima
Das Klima ist im Wesentlichen mediterran, mit warmem Frühling und Herbst, heißem Sommer und mildem Winter.
Tramontana – Nord-Wind: tritt häufig mit sehr starken Böen und Regen auf. Kann sowohl bei stabiler Schönwetterlage als auch bei wolkenverhangenem Himmel auftreten. In den meisten Fällen kommt es zu kurzfristigen Temperaturstürzen.
Greco – Nordost-Wind: kalter, meist böiger Wind, der häufig in Tiefdruckgebieten auftritt.
Levante – Ost-Wind: leichter, warmer Wind, der in der Regel auf den Mistral folgt und den starken Scirocco ankündigt. Er entsteht in der Sahara.
Scirocco – Südost(Süd)-Wind: heißer Wind, der aus Südosten bzw. häufig auch aus Süden weht. Er kann besonders in den Sommermonaten sehr heiß sein und hohe Luftfeuchtigkeit erzeugen. Vereinzelt weht er auch Saharasand nach Sardinien.
Ostro – Süd-Wind: ähnelt dem Scirocco, nur in abgeschwächter Form und ohne Saharasand.
Libeccio – Südwest-Wind: im Winter leichter Wind, der Regen und Gewitter mitbringen kann. Im Sommer starker Wind, der starke Böen entwickelt und gewöhnlich zu hohem Seegang führt.
Ponente – West-Wind: schwacher Wind, der in der Regel im Sommer auftritt und für klaren Himmel sorgt.
Maestrale – Nordwest-Wind: stürmischer Wind, der meistens im Frühling und Herbst auftritt. Sorgt für kaltes, aber sonniges Wetter.
Politik
Die Autonome Region Sardinien (sardischRegione Autònoma de Sardigna, italienischRegione Autonoma della Sardegna) ist eine der 20 Regionen der Italienischen Republik. Präsident der Region Sardinien ist seit März 2019 Christian Solinas (PSd'Az).
Siehe auch: Liste der Präsidenten Sardiniens
Verwaltungsgliederung
Die autonome Region Sardinien war politisch lange in drei Provinzen unterteilt: Cagliari, Sassari und Nuoro. 1974 wurde die Provinz Oristano neu gebildet; zwischen 2005 und 2016 gab es vier weitere Provinzen: Olbia-Tempio, Ogliastra, Carbonia-Iglesias und Medio Campidano. 2021 erfolgte eine weitere Aufstockung auf acht Provinzen mit insgesamt zwölf Hauptorten.[3]
Abschnitt der Costa Smeralda mit Blick Richtung Südosten auf die Landzunge Petra Ruja, Halbinsel Golfo Aranci und Isola Tavolara
Einschließlich der kleinen vorgelagerten Inseln erreicht Sardinien eine Küstenlänge von 1848,6 Kilometern.
Einige Küstenabschnitte haben bekannte Namen: Costa Smeralda– Costa Rei– Costa Verde– Costa Paradiso– Costa del Sud.
Flüsse
Die längsten Flüsse Sardiniens sind der bei Oristano an der Westküste mündende Tirso mit 150km Länge, der Coghinas mit 123km, der an der südlichen Ostküste ins Meer mündende Flumendosa mit 122km und der bei Bosa mündende sechs bis acht Kilometer lange schiffbare Temo.
Berge
Die höchsten Berge sind mit 1834ms.l.m. die Punta La Marmora und mit 1829m der Bruncu Spina im zentral gelegenen Gebirge Gennargentu. Im Norden dominiert der 1359m hohe Monte Limbara. Geologische Besonderheiten sind die Gold-, Silber- und Eisenvorkommen, insbesondere im Südteil der Insel.
Flughafen Olbia, General Aviation TerminalEisenbahnstrecken: Rot: Italienische Staatsbahn; Blau, Lila und Grün: Ferrovie della Sardegna; (stillgelegte Strecken gelb)
Neben den Eisenbahnen der Ferrovie dello Stato Italiane gibt es mehrere schmalspurige Regionalstrecken der Ferrovie della Sardegna sowie deren Tourismusprojekt unter ihrer volkstümlichen Bezeichnung Trenino Verde u.a. zwischen Bosa Marina– Macomer und Arbatax– Mandas. Die Elektrifizierung der Strecken der Ferrovie dello Stato wurde– abweichend von den elektrifizierten Strecken auf dem Festland und Sizilien mit Einphasenwechselstrom 25kV/50Hz– begonnen, allerdings nach kurzer Bauzeit wieder eingestellt.
Siehe auch: Liste der Schienenverkehrsstrecken in Sardinien
Der öffentliche Überlandverkehr besteht aber vor allem aus einem engmaschigen Netz an Überlandbusverbindungen, die von verschiedenen Gesellschaften bedient werden.
Im Jahr 2016 lag der Motorisierungsgrad (Personenkraftwagen pro 1000 Einwohner) bei 619.[4]
Neben den Verkehrsflughäfen von Cagliari, Olbia und Alghero gibt es auf Sardinien noch zivile Flugplätze bei Oristano (Fenosu) und Arbatax (Tortolì). Von den beiden letzteren aus findet oder fand zeitweise kein Flugbetrieb mehr statt.
Wenige Kilometer nordwestlich des Flughafens Cagliari befindet sich der Militärflugplatz Decimomannu, den auch die NATO-Streitkräfte nutzen, darunter bis 2016 die deutsche Luftwaffe (Taktisches Ausbildungskommando der Luftwaffe in Italien– TaktAusbKdoLwIT (aufgelöst)). In Salto di Quirra gibt es einen Startplatz für militärische Raketen und für Raketen zur Erforschung der Hochatmosphäre.
Sardische Literatur
→ Hauptartikel: Neue sardische Literatur
Wappen
Beschreibung des Wappens (sowie der Flagge bis 1999): In Silber wird ein durchgehendes rotes Kreuz von nach rechts gewandten Maurenköpfen mit silbernen Augenbinden bewinkelt. Wappen und Flagge gehen angeblich auf Peter I. von Aragon zurück, sie sollen an seinen Sieg in der Schlacht von Alcoraz während der Reconquista erinnern. Die Flagge enthält im Wesentlichen das Wappen, erfuhr aber 1999 zwei auf den ersten Blick unscheinbare, aber nicht unwesentliche Änderungen: die Blickrichtung wurde gedreht, und die Augenbinde wurde zum Stirnband. Die Detailzeichnung des Mohrenkopfs ist nun dieselbe wie bei der Flagge Korsikas (jedoch seitenverkehrt).
Wirtschaft
Im Gebiet um Carbonia wurde von 1854 bis 2012 Steinkohle gefördert, in größeren Mengen zwischen 1936 und 1971.[5]
Im Vergleich mit dem BIP der EU erreichte Sardinien 2017, ausgedrückt in Kaufkraftstandards, einen Index von 70 (EU-28=100).[6] Mit einem Wert von 0,863 erreicht Sardinien Platz 15 unter den 20 Regionen Italiens im Index der menschlichen Entwicklung.[7] Im Jahr 2017 betrug die Arbeitslosenquote 17%.[8]
Die sardische Wirtschaft lebt hauptsächlich vom Tourismus und von der Erdölindustrie; weitere wichtige Bereiche: Handel, Dienstleistungen, Informationstechnik und Gastronomie. Von Bedeutung sind außerdem Wein (Cannonau) und Schafskäse (Pecorino sardo). Im Norden der Insel spielt die traditionelle Korkproduktion eine herausragende Rolle.
Bildung
Auf Sardinien sind folgende universitären Einrichtungen angesiedelt:
Universität Cagliari
Universität Sassari
Pontificia facoltà teologica della Sardegna
Tourismus
Im Jahr 2009 verzeichnete Sardinien rund 2,46 Millionen Ankünfte und knapp 12,3 Millionen Übernachtungen. In den Beherbergungsbetrieben standen ca. 199.000 Schlafgelegenheiten zur Verfügung.[9]
Historische Ziele
Nuraghe Loelle
→ Hauptartikel: Liste der vor- und frühgeschichtlichen archäologischen Fundplätze auf Sardinien
Romanische Kirchen im pisanischen oder provenzalischen Stil auf Sardinien
Die gesamte Insel ist aufgrund ihres Klimas und der vorherrschenden Winde nicht nur bei Italienern ein sehr beliebtes Segel- und Windsurfrevier. Es gibt zahlreiche gut ausgerüstete Häfen und Marinas als Ausgangspunkte für diese Sportarten.[10]
Kulinarische Spezialitäten
Speisen
Sardischer PecorinoSeadas
Pecorino, ein Schafskäse
Pane Carasau, dünnes getrocknetes Hirtenbrot, auch Carta di musica (Notenpapier) genannt; wird aus Weizenmehl, Hefe und Salz hergestellt; die dünnen Fladen werden schnell und sehr heiß zweifach gebacken, damit sie lange haltbar bleiben
Pane Guttiau, eine Version des Pane Carasau mit Olivenöl
Porcheddu, Spanferkel gegrillt
Culurgiones, eine Nudelspezialität Sardiniens, vergleichbar mit Ravioli
Seadas/Sebadas, große, in Olivenöl gebackene Käsetaschen mit Honig (Süßspeise)
Fregula, eine verbreitete Art Hartweizengrieß in kleiner Kugelform
Malloreddus, kleine sardische Gnocchi (Nudelsorte)
Bottarga, getrockneter Rogen, vor allem der Meeräsche, werden in Nudelgerichten (vorwiegend Spaghetti) verwendet
Casu Marzu, überreifer Schafskäse mit Fliegenmaden
Getränke
Cannonau (auch Grenache genannt), ein kräftiger Rotwein
Monica Nera, auch unter dem Synonym Monica di Sardegna, eine autochthone Rotweinrebe aus Sardinien
Vermentino di Gallura, einziger Weißwein aus Sardinien mit DOCG-Bezeichnung
Vernaccia di Oristano, ein Weißwein
Ichnusa, Lagerbier, das aus Maisschrot gebraut wird
Mirto, weißer oder roter Likör, hergestellt aus den Früchten der auf der Insel verbreiteten Myrte
Limoncello, ein süßer Zitronenlikör
Trivia
Sardinien ist Namensgeber von zwei auf der Insel erstmals entdeckten Mineralarten. Der 2008 nach der sardischen Bezeichnung der Insel benannte Sardignait[11] sowie der 2013 nach der altgriechischen Bezeichnung benannte Ichnusait wurden in der Mine von Punta de su Seinargiu (auch Su Seinargiu) westlich der Gemeinde Sarroch entdeckt.
2008 wurde der Asteroid (53252) Sardegna nach der Insel benannt.
Siehe auch
Liste bekannter Personen Sardiniens
Liste der Kulturdenkmale in Sardinien
Liste der Gerichte auf Sardinien (Justiz)
Portal: Sardinien– Überblick über vorhandene Artikel, Möglichkeiten zur Mitarbeit
Literatur
Giulio Angioni: Sardinien: eine Insel für jede Jahreszeit, Umschau, München 1994, ISBN 3-524-67060-1.
Sardinien - Interessante Zahlen und Fakten (Mementodes Originals vom 16. Januar 2014 im Internet Archive)Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/de.sardegne.com. Abgerufen am 16. Januar 2014.
P. Orlandi, M. Pasero, S. Bigi: Sardignaite: a new mineral, the second known bismuth molybdate: description and crystal structure. In: Mineralogy & Petrology, Band 100 (2010), S. 17–22 DOI:10.1007/s00710-010-0111-0, siehe auch Mineralienatlas:Sardignait
Vizekönigreiche und Besitzungen der Krone Aragón (1137–1714)
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