Der Hallthurm ist ein 693 m ü. NHN hoher bayerischer Pass in der Nähe von Bischofswiesen im Landkreis Berchtesgadener Land in den Berchtesgadener Alpen. Er ist heute der bedeutendste und der niedrigste Zugang auf deutschem Staatsgebiet in die Landkreisteilregion Berchtesgadener Land. Über den Pass führen die Bahnstrecke Bad Reichenhall–Berchtesgaden, die Bundesstraße 20 und die Soleleitung Berchtesgaden-Bad Reichenhall.
Hallthurm | |||
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![]() Reste der Passbefestigung am Hallthurm (Wehrturm) | |||
Himmelsrichtung | Nord | Süd | |
Passhöhe | 693 m | ||
Bundesland | Bayern | ||
Talorte | Bad Reichenhall | Berchtesgaden | |
Ausbau | Bundesstraße 20 | Bahnstrecke Bad Reichenhall–Berchtesgaden | |
Karte | |||
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Koordinaten | 47° 42′ 5″ N, 12° 56′ 1″ O47.70138888888912.933611111111693 |
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Auf der Passhöhe befinden sich die alten Befestigungen der Fürstpropstei Berchtesgaden gegen Bayern. Auf einer Anhöhe westlich von Hallthurm liegt der Burgstall Hagenfels.
Der Übergang trennt die Bergstöcke Lattengebirge und Untersberg der Berchtesgadener Alpen. Er ist mit 693 m ü. NHN der niedrigste Zugang auf deutschem Staatsgebiet zur „Beckenlandschaft“[1] des Berchtesgadener Kessels[1] bzw. der geomorphologischen Einheit Berchtesgadener Talkessel[2]. Mit 471 m ü. NHN[3] noch niedriger und bequemer ist der Zugang über den Hangendensteinpass bei Marktschellenberg, der aber über österreichisches Staatsgebiet führt.
Über den Pass verläuft mit der Bundesstraße 20 die bedeutendste Straßenverbindung und die einzige noch bestehende Bahnstrecke ins Berchtesgadener Land sowie die Soleleitung. Die Bahnstrecke bewältigt auf der Rampe vom Bad Reichenhaller Ortsteil Kirchberg über Bayerisch Gmain bis zum Bahnhof Hallthurm eine Maximalsteigung von 40,8 ‰ und gilt damit als Steilstrecke.[4] Der Personenverkehr im Bahnhof Hallthurm wurde aufgelassen, die Anlage dient derzeit nur noch als Betriebsbahnhof für Zugkreuzungen auf der eingleisigen Nebenbahn. Nach dem Liniennetzplan der S-Bahn Salzburg, die auf der Strecke verkehrt, ist eine Reaktivierung für den Personenverkehr geplant (Stand 2010).[5]
Der Anlass für die Erbauung der Grenzbefestigung im Jahr 1194 war ähnlich wie bei dem zeitgleich am Hangenden Stein errichteten Schellenberger Turm ein Angriff der Reichenhaller Bürger um 1193. Nachdem das Klosterstift Berchtesgaden wie Reichenhall ebenfalls mit der Salzgewinnung begonnen hatte, hatten sie aus Konkurrenzneid die Salz-Sudpfannen des Klosterstifts am Gollnbach zerstört.[7] Erstmals wurde die Grenzbefestigung in einer Urkunde von Kaiser Heinrich VI. erwähnt[7]: „porta, qua silva versuse Halle clauditur“ (das Tor, das im Wald eine Sperre gegen Reichenhall ist).
An der engsten Stelle zwischen dem Untersberg und dem Lattengebirge steht der Wehrturm als Turm gegen Hall (Reichenhall). Nur ein wenig westlich versetzt davon stand ein zweites turmartiges Gebäude, das so genannte Althaus (Burgstall Althaus), ein Torhaus, dessen Tor 3,25 m hoch und 2,50 m breit war; das „Falltor des Bogens“, durch den die Straße führte, wurde bereits 1829 beseitigt, das Torhaus selbst wurde 1876 abgetragen.[8] Das Mauerwerk des nur noch als Unterbau vorhandenen, zuvor „bedeutend höheren Turms“ ist 2 m stark und stammt noch aus dem 12. Jahrhundert.[9] Angrenzend an den Turm war östlich in Richtung Untersberg eine Festungsmauer errichtet worden, von der noch Reste erhalten sind.[9] Nördlich davor gab es einen Haag oder Landzaun, der aus Dornen- und Weidengeflecht bestand, sowie drei hintereinander aufgeschüttete Erdwälle. Die Erdwälle wurden bis auf einen eingeebnet.[9] In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurden Ausbesserungen am Mauerwerk vorgenommen[7] und vermutlich ab 1378 westlich von Hallthurm mit der Errichtung der Burg Hagenfels als weitere Befestigungsanlage begonnen, ohne sie fertigzustellen – da der Salzburger Erzbischof am Ende von Auseinandersetzungen mit dem Herzogtum Bayern die Burg nach der Eroberung durch sein Erzstift Salzburg bereits 1384 wieder schleifen ließ.[9][10]
Während der Napoleonischen Kriege ging nach Aufhebung der Fürstpropstei Berchtesgaden 1803 das Berchtesgadener Land 1805 an das kurzlebige Kurfürstentum Salzburg und im gleichen Jahr hielten Tiroler Truppen den Hallthurm besetzt.[9] Damals wurde die Anlage der Grenzbefestigung vermutlich ein letztes Mal militärisch gesichert, um dann 1810 mit der Eingliederung des Berchtesgadener Landes in das Königreich Bayern überflüssig zu werden.
Der Wehrturm ist mit den erhaltenen Talsperrmauern als Baudenkmal ausgewiesen.[11]
Das Verkehrsaufkommen über den Hallthurm blieb auch noch nach 1810 gering, da kurz dahinter die Straße Richtung Reichenhall über den „Spitz am Hallthurm“ (s. Abb. Karte des Salzburggaus) am Dreisesselberg verlief und damit – bei lange strittiger Herrschaftszugehörigkeit – seinerzeit durch Österreich, das auf der Strecke hohe Transitzölle erhob. Daher wurde unter anderem der gesamte Salzfuhrwerksverkehr und die Soleleitung nach Bad Reichenhall über die ausschließlich auf bayerischen Gebiet liegende Strecke über Ramsau und den Pass Schwarzbachwacht abgewickelt. 1851 konnte schließlich zwischen Österreich und Bayern im Rahmen eines Tausches die Übergabe des „Spitz am Hallthurm“ an Bayern erreicht werden.[12]
Dieser Gebietstausch war die Grundlage für die heutige Verkehrsbedeutung des Passes. Das Torhaus der historischen Befestigung wurde 1876 abgebrochen, um für Straße und Bahn genügend Platz zu haben. 1888 wurde nach längerer Planungszeit die Bahnstrecke Bad Reichenhall–Berchtesgaden eröffnet. 1960/61 wurde auch die Soleleitung über den Hallthurm errichtet und die alte Strecke über die Schwarzbachwacht aufgelassen.
Auch ranken sich einige Sagen um den Wehrturm zu Hallthurm. So soll zuweilen aus den Tiefen des Untersbergs laute Musik und Waffengeklirr zu hören sein. Wilde Reiter mit flammenden Schwertern und glühenden Rüstungen treiben in der Nacht ihr Unwesen im Salzburger Raum. Mit dem Morgengrauen hat der Spuk ein Ende und die gespenstischen Reiter kehren zurück in den Berg durch die Pforten, welche bei Hallthurm in den Ruinen des Wehrturms zu finden sind.
Hallthurm und der Burgstall Althaus sind eine Station auf dem Reichenhaller Burgenweg. Dieser knapp 30 km lange Rundwanderweg führt zu 17 Burgen, Schlössern und Befestigungsanlagen in Bad Reichenhall und den umliegenden Gemeinden.[13]
Schlösser: Schloss Adelsheim | Schloss Adelstetten (abgegangen) | Schloss Fürstenstein | Königliches Schloss Berchtesgaden | Kirchberg-Schlössl | Schloss Laufen | Schloss Marzoll | Schloss Oberhausen | Schloss Staufeneck | Schloss Triebenbach
Burgen und Ruinen: Althaus, Wehrturm mit Durchgangstor bei Hallthurm (abgegangen) | Burg Amerang | Burg Axelmannstein (abgegangen) | Burg Gruttenstein | Burg Hagenfels (abgegangen) | Hallburg (abgegangen) | Passbefestigung Hallthurm | Burgruine Karlstein | Burg Kirchberg (abgegangen) | Burg Lebenau (abgegangen) | Burgruine Raschenberg | Passturm Schellenberger Turm | Burg Steinbrünning (abgegangen) | Burgruine Vachenlueg | Burg Vager (abgegangen)
Burgställe (abgegangene, unbekannte Burgen): Burgstall (Abtsdorfer See) | Burgstall Ainring | Maut zu Karlstein | Burgstall Thumberg
Burgruine Karlstein |
Turmruine Amerang |
Maut zu Karlstein |
Burgstall Vager |
Burgstall Kirchberg |
Kirchberg-Schlössl |
Stadtmauer (Bad Reichenhall) |
Burg Gruttenstein |
Hallburg
Schloss Oberhausen |
Burgstall Hagenfels |
Burgstall Althaus |
Talsperre Hallthurm |
Plainburg |
Schloss Marzoll |
Schloss Staufeneck |
Mauthaus
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