geo.wikisort.org - Insel

Search / Calendar

Dejima (japanisch 出島, deutsch etwa „Vorinsel“, im 17. Jahrhundert auch Tsukishima 築島, „aufgeschüttete Insel“ genannt) war eine fächerförmige kleine künstliche Insel in der Bucht von Nagasaki. Während der Edo-Zeit war sie der einzige Ort des direkten Handels und Austauschs zwischen Japan und Europa. Im modernen Japanisch wird die Aussprache des Namens in den Silbenschriften Hiragana und Katakana als でじま bzw. デジマ wiedergegeben und dementsprechend in Hepburn-Umschrift als Dejima transkribiert. In der Edo-Zeit sind in westlichen Berichten Schreibungen wie „Disma“, „Decima“, „Dezima“, „Desima“, „Desjima“ und „Deshima“ zu finden. Auch in japanischen Quellen gibt es Indizien, dass die damalige Aussprache eher der Schreibung Deshima (でしま) nahekam[1].

Ansicht von Dejima in der Bucht von Nagasaki Paravent von Kawahara Keiga c1836
Ansicht von Dejima in der Bucht von Nagasaki Paravent von Kawahara Keiga c1836
Dejima um die Mitte des 17. Jahrhunderts (Arnoldus Montanus: Gedenkwaerdige Gesantschappen der Oost-Indische Maetschappy in't Vereenigde Nederland, aen de Kaisaren van Japan. 1669)
Dejima um die Mitte des 17. Jahrhunderts (Arnoldus Montanus: Gedenkwaerdige Gesantschappen der Oost-Indische Maetschappy in't Vereenigde Nederland, aen de Kaisaren van Japan. 1669)
Nagasaki gegen Ende des 17. Jhs. (aus Engelbert Kaempfers History of Japan, 1727)
Nagasaki gegen Ende des 17. Jhs. (aus Engelbert Kaempfers History of Japan, 1727)
Dejima Ende des 17. Jahrhunderts nach einer Skizze von Gerrits Voogt, gedruckt in Hedendaegsche historie, of tegenwoordige staat van alle volkeren. 1729.
Dejima Ende des 17. Jahrhunderts nach einer Skizze von Gerrits Voogt, gedruckt in Hedendaegsche historie, of tegenwoordige staat van alle volkeren. 1729.
Japanischer Holzblockdruck von Toshimaya Bunjiemon (1780) in Isaac Titsinghs Bijzonderheden over Japan. 1824/25
Japanischer Holzblockdruck von Toshimaya Bunjiemon (1780) in Isaac Titsinghs Bijzonderheden over Japan. 1824/25
Hendrik Doeff, Leiter der Handelsstation von Dejima von 1803 bis 1817
Hendrik Doeff, Leiter der Handelsstation von Dejima von 1803 bis 1817
Feier anlässlich des Geburtstags von Wilhelm I.
Feier anlässlich des Geburtstags von Wilhelm I.
Blick auf Dejima, Ansicht der Bucht und des Hafens von Nagasaki im Jahre 1828 (Abb. 1 in Philipp Franz von Siebolds Nippon, ²1897)
Blick auf Dejima, Ansicht der Bucht und des Hafens von Nagasaki im Jahre 1828 (Abb. 1 in Philipp Franz von Siebolds Nippon, ²1897)
Farbdruck von Kawahara Keiga: Einlaufen eines niederländischen Schiffs in die Bucht von Nagasaki (蘭船入港図): Philipp Franz von Siebold mit Fernrohr, seine Lebensgefährtin Sonogi O-Taki mit der gemeinsamen Tochter Kusumoto Ine auf dem Rücken.
Farbdruck von Kawahara Keiga: Einlaufen eines niederländischen Schiffs in die Bucht von Nagasaki (蘭船入港図): Philipp Franz von Siebold mit Fernrohr, seine Lebensgefährtin Sonogi O-Taki mit der gemeinsamen Tochter Kusumoto Ine auf dem Rücken.
Dejima im April 2006
Dejima im April 2006
Dejima heute
Dejima heute
Dejima heute
Dejima heute

Geschichte


Aufgeschüttet von einheimischen Kaufleuten in den Jahren 1634 bis 1636 sollte Dejima die in der Stadt verstreut lebenden „Südbarbaren“ (Nambanjin) aufnehmen. Doch nach deren Ausweisung lag die Insel brach. Da mit dem Ausbleiben der portugiesischen Handelsschiffe auch die lokale Wirtschaft in eine Krise geriet, setzte die Zentralregierung in Edo die Niederländische Ostindien-Kompanie (Verenigde Oostindische Compagnie oder VOC) unter Druck, bis diese ihre Handelsstation in Hirado 1640/41 hierher verlegte.

Dejima hatte ein Haupttor (omotemon) zur Stadt hin und ein Wassertor (suimon) zur See hin. Letzteres wurde nur zum Ent- und Beladen der VOC-Schiffe geöffnet. Die Insel war von einer Mauer umgeben. Sechzehn, in regelmäßigen Abständen in den Meeresboden um Dejima eingeschlagenen Pfähle markierten eine Grenzlinie, die einheimische Boote nicht verletzen durften. Die Grundstücke waren Privatbesitz jener Kaufleute, die das Kapital für die Landgewinnung aufgebracht hatten. Die Kompanie entrichtete für die Nutzung eine jährliche Pacht und musste sich um den Erhalt der Gebäude kümmern. Neben einer Reihe von Lagerhäusern gab es u. a. Wohngebäude, eine Küche, ein Bad, ein Haus für die Grundstücksbesitzer, ein Aufenthaltsgebäude für die japanischen Dolmetscher, ein Haus für den Leiter der Handelsniederlassung, einen Garten.[2]

Seit 1672 war Dejima ein Stadtviertel von Nagasaki, weshalb es auch hier einen japanischen Stadtteilsvorsteher (jap. otona) gab. Für die Sicherheit und Überwachung der Insel war der Gouverneur der reichsunmittelbaren Domäne Nagasaki verantwortlich. Das japanische Dienstpersonal wurde von der Kompanie entlohnt, war aber durch einen Eid zur Einhaltung vielerlei Vorschriften des Gouverneurs verpflichtet. Für die Verständigung sorgten japanische Dolmetscher; die Ausbildung europäischer Sprachmittler blieb bis ins 19. Jahrhundert verboten.[3]

Niedere Dienstränge der VOC durften bisweilen mehrere Jahre auf Dejima leben, die Leiter (ndl. opperhoofden) jedoch mussten nach einem Jahr ausgewechselt werden. Sie trafen mit einem der Schiffe der Ostindien-Kompanie im Sommer ein und traten ihren Dienst bei der Abreise ihres Vorgängers, gewöhnlich im November, an. Diese von den Japanern kapitan (portug. capitão) genannten Leiter waren verpflichtet, einmal jährlich (nach 1790 nur noch alle vier Jahre) nach Edo zu reisen, um durch eine Reverenzerweisung im Schloss die Dankbarkeit der Kompanie für die Genehmigung ihres Handels in Japan zum Ausdruck zu bringen. An dieser Hofreise nach Edo durfte der Arzt der Handelsstation teilnehmen, der sowohl von hochgestellten Patienten als auch von japanischen Kollegen sehr geschätzt wurde[4]. Als (temporäre) Bewohner eines Stadtviertels durften die Europäer, unter Aufsicht zahlreicher japanischer Beamter, zudem die jährliche Festlichkeit zu Ehren der Schutzgottheit Nagasakis im Suwa-Schrein (Suwa jinja) besuchen.

Ansonsten blieben die Angestellten der VOC auf die Insel Dejima beschränkt. Der Zugang wurde reglementiert und kontrolliert. Das enge Zusammenleben und die gegenseitige Abhängigkeit machten es jedoch möglich, dass sich neben dem offiziellen Handel ein reger Privathandel und Schmuggel ausbreitete. Dieser wurde gewöhnlich geduldet. Persönliche Wünsche hochrangiger Persönlichkeiten in Edo wurden so rasch wie möglich erfüllt, da derartige Gefälligkeiten das Umfeld des offiziellen Handels verbesserte. So gelangten über Dejima bis ins 19. Jahrhundert zahlreiche westliche Bücher, Instrumente, Arzneimittel und Informationen ins Land, die den Aufschwung einer sogenannten Hollandkunde (rangaku) stimulierten und die Grundlage für die rasche Modernisierung Japans nach 1868 bildeten. Auf niederländischen Schiffen wurden andererseits immer wieder japanische Objekte, Bücher, Karten usw., oft auch unerlaubt, ausgeführt, welche den Kenntnisstand der Europäer anhoben[5]. Während der Koalitionskriege wehte die niederländische Flagge weltweit nur noch in Nagasaki.

Einige der auf Dejima stationierten Chirurgen und Ärzte wie Caspar Schamberger, Engelbert Kaempfer, Carl Peter Thunberg oder Philipp Franz von Siebold übten einen großen Einfluss auf die Entwicklung der japanischen Medizin aus. Engelbert Kaempfer, Carl Peter Thunberg, Philipp Franz von Siebold, George Meister, aber auch Faktoreileiter wie Andreas Cleyer, Isaac Titsingh, Hendrik Doeff oder Jan Cock Blomhoff betrieben während ihres Aufenthalts intensive landeskundliche Studien und trugen über ihre Publikationen und Sammlungen zum europäischen Verständnis Japans im sogenannten Zeitalter des Landesabschlusses (sakoku) bei. Viele der frühen Informationen über die Akupunktur und Moxibustion wurden von Willem ten Rhijne, Kaempfer, Thunberg und anderen Ärzten nach Europa vermittelt.

Sklaven und Sklavenhandel spielten in der Ostindien-Kompanie bis zum frühen 19. Jh. eine wichtige Rolle, und so finden wir auch auf Dejima Menschen, welche die Leiter der Niederlassung und andere gutsituierte Angestellte der Kompanie als Leibsklaven nach Japan mitgebracht hatten. In vielen Schiffs- und Belegeschaftsregistern des 18. Jahrhunderts sind sie als „slaaven“, „zwarte jongen“, „slaave jongen“, „lijfeijgenen“ unter Namen wie Januarij, September, Fortuin, Paris, Apollo oder gar Lakei verzeichnet. Die meisten kamen aus Südostasien, einige aus Bengalen, Malabar und Mosambik[6]. Die jüngsten waren 10 bis 12 Jahre alt, über 40 Jahre alte Sklaven waren selten. Sie tauchen auch im Diensttagebuch des Faktoreileiters anlässlich von Fluchtversuchen, Selbstmord oder gewalttätigen Auseinandersetzungen auf. Auf japanischen Holzschnitten jener Zeit, den sogenannten „Nagasaki-Bildern“ (Nagasaki-e), sieht man sie meist als Träger von Sonnenschirmen. Wie die gelegentlich auch dargestellten europäischen Matrosen sind sie wegen ihrer niedrigen Stellung kleiner gezeichnet als ihre Herren.[7]

Nach der Öffnung Japans in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging Dejima im Zuge der Neulandgewinnung in den Stadtkern von Nagasaki über und war im 20. Jahrhundert kaum noch zu erkennen. Inzwischen sind die meisten Gebäude anhand alter Pläne und Modelle rekonstruiert. Zwar schneidet eine Hauptverkehrsstraße einen Teil an der ehemaligen „Wasserpforte“ ab, doch ist nahezu das gesamte Grundstück wieder zusammengefasst, so dass der Besucher einen guten Eindruck vom Handel und Wandel der Europäer in Japan zu Beginn des 19. Jahrhunderts gewinnt.


Leiter (opperhoofden) der Handelsstation Dejima



Weiterführende Literatur




Commons: Dejima – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen


  1. Morioka (1995)
  2. Blussé/Remmelink/Smits (2000), S. 49
  3. Siebold (1897), S. 245–251; Titsingh (1822), S. 169–174; Morioka (1995); Michel (1999), S. 65–72;
  4. Siebold (1897), S. 48–231; Goodman (1986), S. 25–31; Blomhoff (2000);
  5. Siebold (1897), S. 245–251; Titsingh (1822), S. 169–174; Goodman (1986), S. 18–24; Michel (1999), S. 65–72;
  6. Personalliste der Faktorei
  7. W. Michel: Death in Nagasaki – Post-mortem examinations at the Dutch trading-post in 18th-century Japan. In: ITAN, No. 113, Dec. 2021, pp.64–75 (in Japanese; Digitalisat)


На других языках


- [de] Dejima

[en] Dejima

Dejima (Japanese: 出島, "exit island"), in the 17th century also called Tsukishima ( 築島, "built island"),[1] was an artificial island off Nagasaki, Japan that served as a trading post for the Portuguese (1570–1639) and subsequently the Dutch (1641–1854).[2] For 220 years, it was the central conduit for foreign trade and cultural exchange with Japan during the isolationist Edo period (1600–1869), and the only Japanese territory open to Westerners.[3]

[es] Dejima

Dejima (出島, Dejima?) fue una isla artificial en la bahía de Nagasaki. Era el lugar donde los neerlandeses negociaban con los japoneses desde 1641 a 1853. Durante este período, los extranjeros que no fueran neerlandeses no tenían el derecho a negociar con el Japón, y los neerlandeses en Japón no tenían el derecho de abandonar Dejima para pasar al resto del país, pues les estaba prohibido pisar el sagrado suelo de Japón.

[fr] Dejima

Dejima (出島?) ou Deshima est une ancienne île artificielle située dans la baie de Nagasaki au Japon et englobée depuis par la ville elle-même. C'était le lieu où les Portugais (entre 1634 et 1641), puis les Néerlandais (de 1641 à 1853) commerçaient avec les Japonais. Dejima qui signifie « île extérieure[1]», est parfois aussi écrit Deshima (shima signifie « île » en japonais et se modifie phonétiquement en -jima).

[it] Dejima

Dejima o Deshima (出島? letteralmente isola d’uscita), è stata una piccola isola artificiale situata nel porto giapponese di Nagasaki.[1] Utilizzata come agenzia commerciale prima dai portoghesi (dal 1636 al 1639)[2] e poi dagli olandesi della Compagnia olandese delle Indie orientali (dal 1641 al 1859)[3], fu l'unico luogo di scambio commerciale e culturale tra l'occidente ed il Giappone durante il sakoku (letteralmente paese in catene), l'auto-imposto periodo di isolamento giapponese.[4]

[ru] Дэдзима

Дэдзима (в некоторых источниках Дэсима; яп. 出島, нидерл. Desjima или Deshima — дословно «выдающийся, выпирающий остров») — искусственный остров в форме веера в бухте Нагасаки (Япония). Изначально остров был построен как склад и перевалочный пункт для португальцев. С 1641 по 1853 год, в период японской самоизоляции, известной как сакоку, являлся единственным голландским торговым портом в Японии.



Текст в блоке "Читать" взят с сайта "Википедия" и доступен по лицензии Creative Commons Attribution-ShareAlike; в отдельных случаях могут действовать дополнительные условия.

Другой контент может иметь иную лицензию. Перед использованием материалов сайта WikiSort.org внимательно изучите правила лицензирования конкретных элементов наполнения сайта.

2019-2024
WikiSort.org - проект по пересортировке и дополнению контента Википедии